Angela Schülein in ihrem „Fräulein von Feder“ Laden. Bildquelle: Jan Rieger

Im Zauberreich von Fräulein von Feder: Eine Anachronistische Vision des Erfolgs!

Fräulein von Feder, Dresden
3. Juli 2023

Fräulein von Feder

Im Wunderladen von „Fräulein von Feder“
Oder warum eine anachronistische Vision seit einem Jahr erfolgreich ist

Der Österreicher Karl Kraus soll einmal gesagt haben: „Wenn ich die Feder in die Hand nehme, kann mir nichts mehr geschehen.“ Wer Angela Schüleins Geschäft alias „Fräulein von Feder“ Laden in der Dresdner Bergmannstraße 50 betritt, spürt, was der Schriftsteller damit gemeint haben könnte. Klar strukturiert und feinsäuberlich sortiert ist dieser wundersame Ort, dessen Luft geschwängert ist von den berauschenden Düften feiner, gekochter Seifen und edler, handgezogener Kerzen. Im üppigen Tageslicht, das durch die großen modernen Schaufenster dringt, schimmern handgeschöpfte Papiere, seidene Geschenkbänder und Bordüren, glitzernde Grußkarten, Leporellos, Schachteln, Kladden, Tagebücher, Alben und all die kleinen, feinen Wohnaccessoires, die jedem Boudoir gut zu Gesicht stünden. Es ist ein wenig wie bei Alice im Wunderland oder bei Ollivanders Laden der Zauberstäbe in Harry Potter. Hier finden Liebhaber der wohlgeführten Handschrift jenes hochkarätige Werkzeug, das ihre Gedanken auf traditionelle Weise förmlich auf das Papier fließen lässt.

Hier lohnt es sich, fachkundig beraten, in die wunderbaren Objekte abzutauchen und jenes Schreibgerät samt Mäppchen und Läppchen zu erobern, das perfekt passt, um es wie eine Trophäe nach Hause zu tragen. Die Welt von „Fräulein von Feder“ ist analog. Kein „Das können Sie auch über unseren Onlineshop bestellen!“ Man muss schon den Weg zu diesem wundersamen Ort auf sich nehmen, der den guten alten Odem des Lädchens im Viertel versprüht. Schließlich trifft man sich hier, nicht nur um profan etwas zu kaufen. Man trifft sich vielleicht auch nur mal auf einen Plausch. Altersgrenzen verschwimmen, werden unwichtig. Menschen, die hierherkommen, lassen sich inspirieren, winken sich zu, grüßen sich freundlich, verbindlich, man kennt sich. Und so bezaubernd, wie die Dinge selbst sind, sind auch einige der Einrichtungsgegenstände. Die stammen aus der Gründerzeit und standen seit etwa 1890 gut einhundert Jahre in einem Schreibwarengeschäft in Pirna. Ach, wenn sie doch erzählen könnten, man könnte sich von ihren Geschichten sicher nicht losreißen. Mit der Unterstützung eines Tischlers und einer Restauratorin wurden sie liebevoll aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt und bilden seither eine außergewöhnliche Bühne für „Fräulein von Feders“ kreative Impulse und Inspirationen.

Angela Schülein in ihrem „Fräulein von Feder“ Laden. Bildquelle: Jan Rieger
Angela Schülein in ihrem „Fräulein von Feder“ Laden. Bildquelle: Jan Rieger

Und was gibt es Persönlicheres als ein mit echter Tinte verfasstes Schriftstück. Noch immer beschäftigen sich Graphologen mit den Schriften Schillers, Goethes, Luthers, Dürers, Mozarts und lesen zwischen den Zeilen ihrer Vermächtnisse, nur anhand der Schriftbilder. Dieses Vergnügen würde künftigen Generationen verwehrt bleiben, gäbe es da nicht Fräulein von Feder, die sich in den Wind stellt. Schließlich gab und gibt es für die geborene Dresdnerin nichts Schöneres, als etwas handschriftlich zu Papier zu bringen. Kein Wunder also, dass sie diese Leidenschaft mit ihrer Klientel teilen möchte. In ihrer Schulzeit, als Computer, Tablet oder UMTS-Handy eher in das Reich von Jule Verne oder Ian Flemming gehörten, war sie als Schulkind auch Schriftführerin. Schon damals entdeckte sie ihre emotionale Bindung an die Handschrift und die Liebe zum Papier, zur Haptik und zum Geruch schöner Papeterie, die sich wesentlich intensiver, ohne störende, digitale Einflüsse ausbilden konnte.

So schwelte bei Fräulein von Feder, die ursprünglich ihr tägliches Brot als Geographin und Touristikerin verdiente, schon seit vielen Jahren der Wunsch im Herzen, genau diesen Laden zu eröffnen. Doch Wünsche zu realisieren, ist wie Kinder in die Welt zu setzen. Es ist nie der richtige Zeitpunkt. Ist es also klug gerade jetzt, in Zeiten von Katastrophen wie Corona, Inflation, Krieg oder Konsumflaute, sich mit einem stationären Einzelhandelsgeschäft selbstständig zu machen? Vielleicht nicht. Wer dennoch diesen Schritt macht, macht das wohlüberlegt, weil er eine Vision hat und von seiner Sache total überzeugt ist. Und so lernte Fräulein von Feders wunderbarer Laden laufen und feiert nun schon das erste Jahr seines Bestehens mit vielen Aktionen.

Und die „Poesiepädagogin“ und Quereinsteigerin brennt noch immer für das, was sie tut. Eines ihrer nächsten Ziele ist es, anderen nicht nur die Dinge ihres Ladens, sondern auch den kreativen Umgang mit der eigenen Sprache beizubringen. Sie möchte Techniken vermitteln und gemeinsam mit ihren Kunden, oft Brüder und Schwestern im Geiste, kleine Geschichten schreiben. Ganz im Sinn von Emanuel Kant: „Alle Sprache ist Bezeichnung der Gedanken.“ So plant Fräulein von Feder nun auch voraussichtlich ab 2024 Kurse und Workshops, die genau das zum Inhalt haben: Schreiberlebnisse schaffen für verschiedene Alters- und Interessensgruppen. Und noch etwas ist ihr wichtig: es ist ihr Viertel, nicht Ihr Block, es sind ihre Nachbarn, nicht ihre Hood und es ist ihre Muttersprache, nicht ihr Slang. Und damit schreibt sie bald eine neue Geschichte

Weitere Infos: www.fraeuleinvonfeder.de


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